Herkunft des Bergamasker Hirtenhundes
Beim Bergamasker Hirtenhund (früher pastore delle alpi, Alpenhund genannt) handelt es sich um eine alte italienische Rasse von Hirtenhunden, welche über die gesamte südöstliche Alpenregion verbreitet war. Besonders gross war der Bestand dieser Hunde in den italienischen Tälern um Bergamo, wo Schafzucht betrieben wurde.
Einige Autoren nehmen an, dass die europäischen Hirtenhunde durch viehzuchttreibende Nomadenvölker während ihren Wanderungen in der Zeit der Urgeschichte von Ostasien her nach Europa gelangt sind. Dass der BERGAMASKER HIRTENHUND bereits seit Jahrhunderten existiert, bestätigen verschiedene Autoren alter Schriften und Urkunden. In der „Gemeinnützigen Wochenzeitschrift für Bündten“ publizierte G. v. Albertini aus Tamins folgenden Artikel: (Auszug)
Bergamasker Geschichte – Die Wirtschaft der Bergamasker Schäfer (1781)
Alle die Schäfer oder Besitzer der Schaf-Herden, welche in unsere Alpen kommen, sind in der Gegend um Bergamo zu Haus; sie sind beinahe alle mit einander verwandt und haben meistens ihre Herden ererbt; denn diese Art unsere Alpen zu benutzen ist schon seit Jahrhunderten gewöhnlich und hat sich meist unter den Nachkommen des gleichen Hauses erhalten. Sie müssen, die Essenszeit ausgenommen, den ganzen Tag über und oft noch halbe Nächte durch, unter freiem Himmel bei den Schafen zubringen.
Ihre Nahrung besteht Tag vor Tag in nichts anderem als in einer Wasser-Polenta und einem Stück Käs des Abends und des Morgens.
Die Anzahl der sämtlichen diesjährigen Schafen auf dem Splügner-Berg beläuft sich über 900. Mit diesen kommen die Schäfer Anfangs Juni aus Piemont auf bemeldten Berg. Wenn es warm ist, oder nicht regnet, reisen sie mit den Herden meist bei Nachtzeit, und dennoch verlieren sie von denselben wenige oder keine, welches sie vorzüglich ihren Schäferhunden zu verdanken haben. Dies ist eine Art grosser mit wolleähnlichen langen Haaren bedeckter Hunde, und einen solchen, wenn er wohl abgerichtet ist, tauschen sie oft gerne gegen 2 grosse Schafe ein; die ganze Nahrung dieser Hunde besteht in Grüschen (Kleien) und Wasser. Ausser dem, dass sie ihren Patronen als gute Verteidiger der Schafe gegen Anfälle der Wölfe oder anderer reissender Tiere dienen, vertreten sie die Stelle teurer Hirten und Treiber. Auf ihren Wanderungen vertrauen sie jedem Hund einen Trupp Schafen an, die er an den Ort ihrer Bestimmung unter dem Befehl seiner Herren bringt, und das mit einer solchen Sorgfalt, dass wer nur ein Schaf berühren wollte, gewiss seinen Zähnen nicht entgehen würde.
Aufgaben des Bergamasker Hirtenhundes
Auf den Wanderungen mit der Schafherde brauchten die Hirten einen intelligenten, selbständigen, robusten, wetterharten und genügsamen Hund. Er hatte die Herde zu führen, war aber auch unentbehrlich, wenn Lämmer, Mutterschafe von der übrigen Herde getrennt werden mussten. In der Nacht verteidigte der Bergamasker seine Schützlinge gegen zwei- und vierbeinige Diebe. Mit Hirten und Herde war der Bergamasker bedingungslos treu verbunden.
Diese vorzüglichen Charakter-Eigenschaften wurden durch die Hirten gefördert und durch rigorose Zuchtauswahl erhalten.
Der Bergamasker Hirtenhund heute
Auch heute noch trägt der Bergamasker das Erbgut seiner Vorfahren in sich. In Italien verrichten noch viele Hunde ihre Arbeit bei der Herde. Ab und zu werden vom Italienischen Klub S.A.B (Societa Amatori del Cane da Pastore Bergamasco) Meisterschaften organisiert wo man die Hunde bei der Arbeit bewundern kann.
Bei uns wird der Bergamasker heute vorwiegend als Familienhund gehalten.
Seine Fähigkeit zu lernen zeichnet ihn für verschiedenste Aufgaben aus. Auch die folgenden Eigenschaften sind typisch:
- Temperament
- Wachsamkeit
- Selbständiges Handeln
- Konzentrationsfähigkeit
- Geduld
- Gelassenheit
- Ausgeglichenes Wesen
- innige Bindung zum Menschen
Bei liebevoller, konsequenter Führung arbeitet der Bergamasker erfolgreich in allen Bereichen des Hundesportes. (Agility, Sanitätshund, Lawinenhund, Begleithund, Therapiehund).
Charakter des Bergamasker Hirtenhundes
Als ausgesprochene Persönlichkeit keinesfalls unterwürfig – manchmal etwas stur will er als lebhafter Hund täglich spielerisch gefordert werden. Wird er mit Gewalt zu etwas gezwungen, wird er „bockig“ bis „starrsinnig“ und verweigert den Gehorsam. Der Bergamasker ist nur dann ganz glücklich, wenn er voll im Familienleben integriert ist:
DABEISEIN ist ALLES !
Im Garten alleinegelassen – ohne Kontakt zu seinen Menschen, verkümmert sein wunderbares Wesen.
Niemals darf ein Bergamasker im Zwinger gehalten werden.
Das Fell des Bergamaskers verfilzt mit ca. 15 Monaten und bildet die rassetypischen Zotten.
Im Italienischen Hundestammbuch wurde 1898 der erste Bergamasker-Hirtenhund eingetragen (FCI Standard Nr. 194). Weitere folgten nur vereinzelt. Er war der Hund der Hirten und diese waren nicht interessiert, ihre über Generationen im selben Familienbesitz gezüchteten Hunde aus den Händen zu geben. Pietro Rota, ein Geschäftsmann aus Mailand, war der erste Züchter, der sich mit Begeisterung der Bergamasker Zucht annahm und seine Würfe regelmässig eintragen liess.
Sein erster Zuchtrüde ALPINO dürfte wohl der Stammvater vieler reinrassigen Bergamasker sein.Wann der Cane delle Alpi offiziell vom ENCI, dem Italienischen kynologischen Landesverband zum Cane da Pastore Bergamasco umgetauft wurde, ist nicht mehr bekannt.
Im Schweizerischen Hundestammbuch wurde 1948 der erste Bergamasker-Hirtenhund eingetragen.
Frau Margrit Schreiber hatte ihren Zuchtrüden ROLLY von einem italienischen Schafhirten erworben. Mit grosser Leidenschaft und Sachkenntnis widmete sie sich ihrer Bergamasker-Zucht Dimgod in der Schweiz. Ihr Engagement für den Bergamasker wird auch von Italienischen Bergamasker-Züchtern und –Liebhabern noch heute gewürdigt.
Die Aufgabe unserer heutigen Züchter ist es zum kostbaren Erbe das uns die Hirten hinterlassen haben Sorge zu tragen und alles zu unternehmen, dass wir uns auch in der Zukunft am einmaligen Wesen und typischen Aussehen des echten, rassereinen Bergamasker-Hirtenhundes freuen dürfen!